Die im September 2020 veröffentlichte Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie eine Verschärfung des EU-Reduktionszieles für 2030 auf minus 55 Prozent Treibhausgase gegenüber 1990 umgesetzt werden kann. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine Verschärfung technisch und wirtschaftlich umsetzbar ist, sofern parallel zusätzliche Maßnahmen auf Ebene der EU und der EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Die EU verfügt über zwei zentrale Klimaschutzinstrumente: das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) und die Lastenteilung. Für das bisherige EU-Emissionsminderungsziel von minus 40 Prozent gegenüber 1990 soll der Europäische Emissionshandel 43 Prozent (ggü. 2005) und die Lastenteilung 30 Prozent (ggü. 2005) einsparen. Die vorliegende Studie sieht für eine Anhebung des EU-Emissionsminderungszieles auf minus 55 Prozent bis 2030 eine Aufteilung von minus 61 Prozent (EU-ETS) und minus 47 Prozent (Lastenteilung) vor. Je Klimaschutzinstrument werden in der Studie bestimmte Handlungsoptionen vorgestellt, um das jeweilige verschärfte Emissionsminderungsziel erreichen zu können:
Im EU-ETS wäre gemäß den Autoren eine Anpassung der Obergrenze, des sogenannten Caps, notwendig. Die Studie errechnet für 2030 eine entsprechende Obergrenze von 805 Mio. Emissionszertifikaten (2020: 1.816 Mio.). Um diese Zielmarke zu erreichen, müsste der Lineare Kürzungsfaktor (LRF), die jährliche Absenkung der Obergrenze, ebenfalls von 2,20 Prozent auf 4,60 bis 5,41 Prozent erhöht werden. Um dies abzumildern schlagen die Autoren ein sog. „Rebasing“, das bedeutet eine einmalige Kürzung der Obergrenze, um bis zu 300 Mio. Emissionszertifikate vor. Auch eine Ausweitung des EU-ETS führen die Autoren an. In diesem Zuge könnten Emissionen u. a. aus den Sektoren Verkehr oder Gebäude miteinbezogen werden.
Im Bereich der Lastenteilung treten die Autoren für eine Modifizierung der Minderungsziele je Mitgliedsstaat ein, um eine Klimaneutralität in allen Staaten sicherzustellen. Gemäß der Studie wird Bulgarien ein Minderungsziel für 2030 von 25 Prozent gegenüber 2005 (aktuell: 0 Prozent) und Luxemburg von 55 Prozent gegenüber 2005 (aktuell: minus 40 Prozent) zugewiesen. Um die neuen Ziele zu erreichen, müssen alle Staaten signifikante Zusatzinvestitionen in nachhaltige Technologien oder den Ausbau des ÖPNV realisieren. Um die finanzielle Belastung für die ärmsten Staaten abzumildern, schlagen die Autoren einen ESR-Modernisierungsfonds oder eine freie Zuteilung von Emissionsberechtigungen für diese Staaten vor.

Als weitere Maßnahme für Sektoren, die im Bereich der Lastenteilung erfasst sind, sehen die Autoren bereits verabschiedete EU-Richtlinien (z. B. überarbeitete Gebäudeeffizienz- oder Energieeffizienz-Richtlinie) an, die zeitnah in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Zudem können zusätzliche nationale Maßnahmen dazu beitragen, weitere Emissionsminderungen zu erreichen: Die Förderung der Elektromobilität als Ersatz für Autos mit Verbrennungsmotoren oder die eingeschränkte Nutzbarkeit von fossilen Energieträgern in Gebäudeheizungen werden als Beispiele angeführt.
Die Studie stellt auch eine Überarbeitung von bestehenden EU-Verordnungen und Richtlinien als Instrument zur Erreichung des verschärften 2030-Zieles vor. Hier werden insbesondere die Energiesteuerrichtlinie, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie oder die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden als Stellschrauben identifiziert. Auch die Verschärfung der CO2-Grenzwerte bei Autos und Nutzfahrzeugen wird als Möglichkeit beschrieben.
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